Zitate aus den Briefen

Nach der Zusammenfassung der Briefe in 5 Akten nun eine kleine Sammlung von Zitaten aus den Briefen:

1. Brief, 5. Juni 1942

„Gestern Abend sind wir nach sechs vollen Tagen an unserem Ziel angekommen. Die Gegend hier ist öde und trostlos. Am schlimmsten war es, als wir durch Polen fuhren. Dort liefen die Kinder am Zug entlang und riefen: ‚Bitte Brot!‘ Man denke mit Schrecken daran, was dieser Krieg für ein Elend über die Menschheit gebracht hat und noch bringen wird.“

15. Brief (2), 12. Juli 1942

„Du machst Dir keine Vorstellung, in welchen elenden Behausungen die Menschen hier leben. Einfache halb verfallene Strohhütten sind die Behausungen. Dazwischen leben halb verhungerte Menschen in zerrissenen Kleidern. Auf den Feldern und in den Wäldern treiben sich wild aussehende Kinder, die scheinbar keine Eltern und kein Zuhause haben, herum.“

15. Brief (2), 12. Juli 1942

„Mir ist es gleich, ob Du mir einen Jungen oder ein Mädchen schenkst. Wenn es ein Junge ist, habe ich nur den einen Wunsch, daß ihm später mal der verdammte Kommiß erspart bleibt. Aber bis dahin sind wir 20 Jahre weiter und da kann sich vieles ändern.“

17. Brief (2), 20. Juli 1942

„Interessant ist, daß sie (Anm.: die ungarischen Soldaten) ihre ganzen Juden aus Ungarn mitgebracht haben. Diese setzen sie hier zum Straßenbau ein. Wie ich beobachten konnte, haben die hier nichts zu lachen. Wir hatten einigen mal Wasser gegeben, sofort kamen alle angelaufen. Sofort kam der Aufseher und schlug sie mit einem Stock auseinander.“

25. Brief, 1. August 1942

„Wenn man so den ganzen Tag auf Russlands Straßen, die meistens nur von Panzern aufgewühlte Feldwege mit unendlich vielen Schlaglöchern sind, gefahren ist, ist man abends gerädert. Die Straßen sind von verendeten Pferden gesäumt. Es kommt einem manchmal der Ekel, wenn man diese von Fliegen und Würmern ausgefressenen Kadaver sieht, die außerdem einen widerlichen Geruch verbreiten.“

25. Brief, 1. August 1942

„Es wird Dich interessieren, auch mal etwas über die Kameradschaft zu hören. Das ist ein Begriff, der überall, nur nicht in der Wehrmacht existiert. Der Kamerad ist im Krieg 1914-18 gefallen, sagt eine Redewendung. Auch auf unserem Fahrzeug ist die Kameradschaft sehr schlecht, trotzdem wir nur zu vieren sind. Die stehlen wie die Raben. Du müßtest nur mal sehen, wie die Brüder den Russen ihre letzten Hühner und Gänse vom fahrenden Auto aus abknallen. Sogar den einzigsten Kochtopf, den jeder Russenhaushalt hat, nehmen sie mit. Ich kann diese Leute manchmal nur mit Unterwelt und Wilddiebe bezeichnen. Heute kann ich manchmal verstehen, daß man die Deutschen als Barbaren bezeichnet.“

25. Brief, 1. August 1942

Mit Schrecken habe ich gestern von einem Landser gehört, daß in der Nacht zum Montag und Mittwoch Hamburg so schwer von den Briten angegriffen wurde. Mein erster Gedanke ist dann immer, hoffentlich ist Euch nichts passiert. Manchmal mache ich mir Vorwürfe, daß Du jetzt mit 2 kleinen Kindern allein bist. Aber wir haben uns unsere Kinder in einer besseren Zeit gewünscht und müssen nun eben diese traurige Zeit ertragen. Hoffentlich fallt Ihr nicht einem Bombenangriff zum Opfer, sonst wüßte ich nicht, was ich machen würde. Wenn ich daran denke, daß das Vagabundenleben, das ich jetzt führe, eventuell noch jahrelang dauern kann, seid Ihr es, die mir im Stillen immer wieder neuen Mut einflößen. Ich habe heute mal wieder die Nase von dem verdammten Krieg gestrichen voll. Unser Weg führt immer noch südlich, wahrscheinlich kommen wir noch ans Schwarze Meer.

26. Brief, 3. August 1942

„Heute haben wir nun unsere Fahrt fortgesetzt. Auf dieser Fahrt habe ich das Schrecklichste gesehen, was der Krieg bringt. Unser Weg führte durch ein Gelände, wo vor einigen Tagen eine Schlacht war. Unzählige tote Russen und Pferde lagen umher und verbreiteten einen schlimmen Gestank. Heute morgen war ich gerade zugegen, als 2 deutsche Soldaten beerdigt wurden. Ich möchte Dir nicht schreiben, wie die armen Kerle aussahen und welche Gedanken ich dabei hatte. Du kannst jeden Landser sprechen, alle haben nur den einen Wunsch, dass dieser verdammte Krieg bald aus ist und man in die Heimat wieder kommt. Soeben werden wieder tote Landser zu den Gräbern getragen, die man schon vorgeschaufelt hat. Mir ist nicht mehr zumute weiterzuschreiben. Ich mache den Schlamassel nur mit, um für Euch zu leben. Hoffentlich bleibt Ihr mir in der Heimat auch erhalten.“

27. Brief, 3. August 1942

„Der Brief Nr. 26, den ich Dir heute morgen geschrieben habe, wird Dich bestimmt traurig gestimmt haben. Aber da war ich einer augenblicklichen Stimmung unterworfen und habe den Fehler gemacht, sie Dir mitzuteilen. Um mich brauchst Du Dir nicht die geringsten Sorgen zu machen. Ich bin ja ein Anfänger beim Kommiss, deshalb hatten die vielen Toten auch so einen tiefen Eindruck auf mich gemacht, aber mit der Zeit wird man auch abgehärteter. Wenn ich mal wieder zu Hause bin, werde ich mich sehr geändert haben.“

36. Brief, 22. August 1942

„Wahrscheinlich werden wir in 1 oder 2 Tagen unser schönes Quartier verlassen müssen. Es wird dann über den Don gehen. So geht es immer weiter nach Russland hinein und das Ende dieses verfluchten Krieges ist immer noch nicht abzusehen.“

40. Brief, 1. September 1942

„Heute gehen wir ins 4. Kriegsjahr, da hat der alte Chamberlain doch bei Kriegsbeginn recht behalten, als er erklärte, daß dieser Krieg mindestens 3-4 Jahre dauern würde. Und das nächste Kriegsjahr wird auch noch voll werden. Ich habe nämlich den Eindruck, daß wir nicht so vorwärts kommen, wie wir es uns vorgenommen hatten. Gerade in unserem Abschnitt scheint es sehr langsam vorzugehen. Der Russe ist ein hartnäckiger Gegner und hat eben zu viel Reserven. Du weiß ja, ich habe von Anfang an den Krieg nicht so rosig gesehen.“

45. Brief (1), 11. September 1942

„Ich habe die feste Überzeugung, daß ich wiederkommen werde. Nach dem Krieg will ich von Rußland und dem verdammten Kommiß nichts mehr wissen. Nur schade, daß unser Kai auch mal Soldat werden muß. Hoffentlich ist in 20 Jahren die Welt etwas friedlicher. Jetzt wird Toni sicher auch in Rußland sein. Ich wundere mich nur, daß sie ihn trotz seiner Plattfüsse k. v. geschrieben haben. Aber wir brauchen Kanonenfutter. Körperliche Fehler spielen keine Rolle mehr. Franzl ist ja jetzt auch im Osten. Als er seinen Kartenbrief schrieb, war ich schon etwas weiter als über den Don. Er ist vielleicht in unserer Nähe und man weiß es nicht. Von Günther bekam ich auch eine Karte. Der und sein Bruder sollen sich freuen, daß sie nicht mehr eingezogen werden. Ich möchte lieber Granaten in der Heimat drehen, als hier das Zigeunerleben in Rußland weiterführen.“

46. Brief, 15. September 1942

„Ich betrachte mir abends so oft Eure Bilder und blicke nach Westen zur Heimat. Wenn man daran denkt, dass man eventuell noch Jahre diesen Krieg mitmachen soll, kann man das arme Tier kriegen. Mit Urlaub sieht es mehr als mies aus. Heute ist mal einer gefahren, der 16 Monate nicht auf Urlaub war. Da kannst Du Dir ausmalen, wie lange die Neuen noch warten müssen, wo ich noch kein halbes Jahr Soldat bin, man mag gar nicht daran denken. Viel Post ist der einzigste Trost zurzeit.“

64. Brief, 24. Oktober 1942

„So sehr ich ein Gegner vom ganzen Krieg bin, so ist es doch interessant, einen solchen Angriff von der Ferne zu überblicken.“

66. Brief, 30. Oktober 1942

„Wenn Du diesen Brief erhältst, schreibe mir pro forma einen Brief, dass Du seit langer Zeit wegen einer Unterleibsgeschichte, die Du von Deiner letzten Niederkunft nachbehalten hättest, bettlägerig wärst. Du hättest mir das erst jetzt mitgeteilt, um mich nicht zu beunruhigen. Vielleicht müsstest Du für einige Zeit ins Krankenhaus, nur wüsstest du nicht, wo Du die Kinder lassen sollst. Diesen Brief werde ich dann vorzeigen, ich verspreche mir davon Erfolg.“

85. Brief, 25. Dezember 1942

„Als wir zu Beginn einige Weihnachtslieder sangen, gingen mir doch die Nerven durch und ich hätte losheulen können. Die ganze Zeit standen mir die Tränen in den Augen. Ich bin dann eine Zeitlang raus gegangen und habe mich mal richtig ausgeheult.“

86. Brief, 27. Dezember 1942

„Wenn ich so manchmal von Kameraden höre, wie die über ihre Frauen sprechen, geht mir doch der Hut hoch. Sie denken, dadurch interessant zu erscheinen, ich habe nur ein Mitleid für sie. Wenn die von ihrem Zuhause reden, dreht sich alles nur um den Suff.“

„Mir ist dauernd schwindelig im Kopf vor Hunger. Frühstück kann ich mir nicht mehr erlauben, Mittags bekommen wir einen Teller Suppe und abends verdrückt man sein Achtel Brot. Da wir für vier Tage eine halbes Brot empfangen haben, ist es meistens so, dass man der Versuchung nicht widerstehen kann und das Brot in den ersten beiden Tagen schon wegfrisst. Dann muss man die restlichen Tage Kohldampf schieben.“

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